Einfach mal probieren – ein Schnellkurs in Schwedisch

Monica Bravo Granström ermutigt dazu, schon früh Fremdsprachen einfach mal zu probieren

Weingarten – Als die Mädchen und Jungen nach der Kinder-Uni den Vorlesungssaal verließen, hatten sie gerade ein kurzes Gespräch auf Schwedisch führen können, ganz einfach, ohne Vorkenntnisse, nur fragen, wie man heißt, woher man kommt. Mit diesem Mini-Schnellkurs und seinen kurzen Fragen und Antworten bei der Vorlesung am 12. Mai hat Monica Bravo Granström vor über 60 Kindern deutlich gemacht, dass es beim Sprachenlernen zunächst einmal ganz einfach darauf ankommt, Spaß daran zu haben, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich für andere Menschen und andere Dinge zu interessieren. Und dann – davon ist sie überzeugt – hat man auch die erste sprachliche Hürde schon fast spielerisch geschafft.

Auch weil die gebürtige Schwedin mit einem Spanier verheiratet ist und in Deutschland lebt, hat sie sich schon immer für Sprachen begeistert. Heute ist Dr. Monica Bravo Granström Geschäftsführerin der Akademie für Wissenschaftliche Weiterbildung an der Pädagogischen Hochschule Weingarten.

Früh einsteigen
Die Vorlesung begann mit einer kleinen Umfrage, aus der hervorging, dass nicht nur fast alle Kinder bereits Englisch lernen, sondern teils an der Schule oder über die Familie noch weitere Sprachen. Das ist ganz im Sinne von Bravo Granström. Denn für sie ist elementar, möglichst früh mit Fremdsprachen zu beginnen, nicht zuletzt auch deshalb, weil es da für die Muskulatur der Zunge noch sehr viel einfacher ist, sich für das Formulieren weiterer Laute anzupassen. Der Idealfall für den Einstieg in eine Fremdsprache ist immer die Familie oder auch ein Freundeskreis oder ein Urlaub, um sich zu motivieren und die Scheu zu verlieren, anders zu sprechen.

Ist das nun Italienisch oder Spanisch?
In der Mitte der Vorlesung gab es ein Spiel, bei dem die Kinder die Aufgabe erhielten, elf Begriffe sieben unterschiedlichen Sprachen zuzuordnen. Dabei lernten sie auch die Sprachfamilien besser kennen, die ähnlich klingen und daher auch verwechselt werden können. Denn Wörter in romanischen Sprachen sind sich oft ähnlich, etwa im Italienischen und im Spanischen, und umgekehrt erinnern skandinavische Sprachen etwas ans Deutsche. Zumindest um den Einstieg zu erleichtern, ist es hilfreich, eine fremde Sprache erst über das Mündliche und über die Sprachmelodie kennen zu lernen. Das führte Bravo Granström am Schwedischen vor, das sich sehr viel schwieriger erschließt, wenn man es ausschließlich liest, und das einem sehr schneller „einleuchtet“, wenn man es hört oder spricht. „Das klingt ja fast wie Deutsch“, stellten auch die Kinder fest.

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Mit dem Rad um den Bodensee oder doch lieber ins All?

Anja Brittner-Widmann über das Urlauben und wie er sich schon immer verändert hat

Ravensburg – Mal den Alltag hinter sich lassen, ganz woanders sein, Dinge tun, die man mag. Das verbinden Kinder wie Erwachsene mit dem Wort Urlaub. Und auch die wieder rund 70 Mädchen und Buben der Kinderuni verbringen ihre Urlaube mit der Familie in der Regel dort, wo auch die meisten Leute aus Deutschland urlauben, nämlich in den Mittelmeerländern. Anja Brittner-Widmann hat ihre Vorlesung am Freitag, 21. April, nämlich auch zu einer kleinen Umfrage genutzt und hat dabei diesen Trend bestätigt gesehen. Dr. Anja Brittner-Widmann ist Professorin und Studiengangsleiterin am Studienzentrum Tourismus, Hotellerie und Gastronomie an der Dualen Hochschule in Ravensburg.

Wohin? Die Art des Gefährts bestimmt den Urlaub
Urlauben war nicht immer so normal wie heute, erfuhren die Kinder. Denn erst seit es erschwingliche Autos gibt, kann man mit der Familie über die Alpen fahren und flexibel kleinere Badeorte in Italien aufzusuchen. Und erst bezahlbare Flugreisen haben Inseln wie Mallorca zum Ferienzentrum gemacht.
Brittner-Widmann hat ihre Vorlesung in die Teile „Gestern- heute – morgen“ gegliedert und den Kindern auf diese Weise dargelegt, dass Urlaube immer davon abhängen, wie weit einen ein Verkehrsmittel weg bringen kann, und was das dann auch kostet. Zur Zeit der Kutschen war Reisen so unbequem, dass man fast gar nicht an Urlaub dachte. Das hat sich erst mit der Eisenbahn und Dampfschiffen geändert. Und der ganz große Schub kam dann erst mit Autos, Bussen und Düsenjets.

Massentourismus oder „Demokratisierung“ des Reisens?
Toll für die Kinder waren die vielen Fotos, mit denen Brittner-Widmann die Vorlesung aufgelockert hat. Einige der Bilder haben auch gezeigt, was keines der Kinder cool fand: Bettenburgen für Pauschalgäste an überlaufenen Stränden wie den „Teutonengrills“. Auch Riesen-Schiffe für 5.000 Gäste gehören zum Massentourismus, der ja bei den einen so verpönt ist wie bei anderen beliebt.

Umgekehrt erfuhren die Kinder aber auch, dass es erst heute so ist, dass sich sehr viele Menschen Urlaube leisten können. Denn Reisen war über Jahrhunderte etwas sehr Elitäres, allenfalls für Adlige auf mehrjährigen Bildungsreisen zu den Zentren der Kultur. Mit der Eisenbahn oder per Dampfer zog es dann ab etwa 1850 das höhere Bürgertum an Urlaubs-Residenzen am Meer oder in die Berge. Dennoch prägen solche Reisen den Urlaub von heute noch in zwei Punkten: Man reist ja immer noch, um sich zu bilden oder zumindest um berühmte Kunstwerke zu fotografieren. Und der andere Punkt ist die Gesundheit, die frische Luft der Berge oder das milde Klima am Meer.

Ganz persönliche oder besondere Urlaube
Auf einer Karte mit sämtlichen Flugverbindungen in der Welt konnten die Kinder sehen, dass alle Weltgegenden angeflogen werden, aber die meisten fliegen nur innerhalb Europas.
Reisen nach Übersee sind also auch heute etwas Besonderes, für viele auch etwas Einmaliges: Man bereist ferne Kulturen, ist längere Zeit unterwegs, teils auch mit dem Rucksack zu Fuß, und darauf hat man dann auch gespart.
Dank der Technik geht es aber auch einfacher und billiger, nämlich in künstliche Welten. Vom Center Parcs bei Leutkirch haben die Kinder schon gehört, dass man da mitten im Allgäu unter eine künstlichen Kuppel Urlaub in subtropischem Klima machen kann. Oder Leute in den USA besuchen nicht das echte Venedig, sondern eine Kopie in Las Vegas – neben einer Bettenburg. Und dann gibt es noch Skihallen mit Kunstschnee mitten in der Wüste in Dubai.

… und morgen ins All oder unter Wasser?
Es gibt aber auch ganz besonders exklusive Reisen für alle, die ein paar Dollar zu viel übrig haben. So kann man schon heute Unterwasserhotels buchen. Denkbar ist auch das persönliche Hotelzimmer im Container, das man an den Urlaubsort bringen lässt – natürlich mit bester Aussicht. Oder eben den Urlaub im Weltall, den man schon für 200.000 Euro buchen kann.

Ob eines der Kinder einmal einen solchen Urlaub machen will? Darüber haben sie vielleicht nach der Vorlesung gesprochen. Egal wohin, ein Koffer wird wohl immer dabei sein. Daher hat Anja Brittner-Widmann den Kinder-Studis zum Schluss einen Bastelbogen für einen eigenen Kofferanhänger geschenkt.

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Nicht nur klangvolle Namen – Marken sagen was aus

Michael Streich über die Bedeutung von Produktmarken und was sie einmalig macht

Es sind Namen, die etwas unverwechselbar machen, nicht allein die Qualität. Das ist eine Idee, die hinter Markennamen steckt. Und auch Dozent Michael Streich konnte bei der jüngsten Kinderuni am Freitag, 17. März, erfahren, wie viele Marken den wieder über 100 Mädchen und Jungs schon bekannt sind. Professor Dr. Michael Streich lehrt an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Messe-, Kongress- und Eventmanagement.
Um die Vielfalt der Markenwelt zu verdeutlichen, stellt man idealerweise möglichst viele Marken und deren Geschichte vor. Genau das hat die Vorlesung von Michael Streich so abwechslungsreich gemacht. Und gewissermaßen nebenher hat er noch eingestreut, was es denn mit den Marken so allgemein auf sich hat.

Die Idee: Marken als Verkaufsanreiz
Vor der Zeit der Massenartikel hat es genügt, einen guten Namen zu haben, damit die Leute in einer Stadt bewusst bei einer bestimmten Bäckerei oder Metzgerei einkaufen. Aber kauft man anonyme, industriell gefertigte und teils international verfügbare Waren, dann tragen Markennamen nicht nur zur Bekanntheit bei. Sie machen auch deutlich, dass man sich davon Qualität und auch Innovationen verspricht, für die man mehr bezahlt als für markenlose Artikel. Professor Streich zeigte auch auf, dass Marke, Produkt und die Zielgruppen zueinander passen müssen. So heißt „Haribo“ nicht nur „Hans Riegel Bonn“, sondern spricht durch die Art des Namens auch die wichtigste Zielgruppe an, nämlich Kinder. Wohingegen „Persil“ (hergeleitet aus Natriumperborat / -Silikat) im Namen Wissenschaftlichkeit anklingen lässt. Und auch das Design spielt eine Rolle, wie der unverkennbare Schriftzug von „Coca Cola“ verdeutlicht. Da tritt die Erklärung des Markennamens – Kokablatt und Colanuss - fast schon in den Hintergrund.

Sein Revier zu markieren, hat Geschichte
Unverwechselbar sein zu wollen, ist nicht erst mit der Welt der Massenartikel aufgekommen: Schon im Mittelalter nutzte man Zeichen als eine Art Markierung für sich und die eigene Leistung. So ließ die Händlerfamilie Humpis ihr „Logo“ vielfach anbringen, um auf den langen Transportwegen die eigene Ware von anderen deutlich zu unterscheiden. Und heute ist die Baugeschichte dankbar, wenn Steinmetzen ihre Zeichen an Kathedralen angebracht haben, denn das lässt Rückschlüsse auf den Bau zu, und klärt, wer wo gearbeitet hat.

Wie entstehen Marken?
Wie schon die oben genannten Marken deutlich machen, geht es meist nicht um Phantasienamen, sondern um einen realen Hintergrund. Aber das allein genügt eben nicht, es braucht auch eine passende Inszenierung: Eine der ältesten Marken ist das Duftwasser „4711“. Statt eines Namens entschied sich der Parfümeur für eine markante Zahlengruppe und für diese griff er auf seine Hausnummer „4711“ zurück, verbunden mit der einprägsamen Geschichte, wie französische Soldaten 1796 für die bessere Orientierung in der Stadt Köln alle Häuser nummeriert haben.
Und auch Namen der Hersteller oder Erfinder sind zu Marken geworden wie der Nachname Porsche oder die Vornamen Melitta und Mercedes. Aber auch die Abkürzung von Namen spielt eine Rolle, wobei „adidas“ für „Adi Dassler“ steht und „Aldi“ für „Albrecht Discount“.

So werden „tote Sprachen“ lebendig
Kinder-Studies, die Latein lernen, haben bei der Vorlesung erfahren, wie lebendig diese eigentlich „tote Sprache“ sein kann, denn Latein eignet sich perfekt für einen klangvollen Markennamen. Das wusste vor 100 Jahren der Autohersteller Horch, der seinen Namen einfach in „Audi“ übersetzte. Andere Beispiele sind die schneeweiße Hautcreme „Nivea“ oder die Limonade „Sinalco“ (ohne Alkohol – „sine alcohol“) oder zum Teil wenigstens „Ohropax“, das Schlafbedürftigen Frieden garantiert. Und statt „Schöne Haut“ hört sich für eine andere Hautcreme das vom Altgriechischen inspirierte „Kaloderma“ auch sehr viel besser an.

Auch die Phantasie spielt eine Rolle
Betrachtet man die derzeit wertvollsten Marken, dann hat der aktuelle Spitzenreiter keinen Bezug zum Produkt, das ist „Apple“, aber der gesunde Apfel sorgt für eine sympathische Wahrnehmung. Dahingegen erinnert „Google“ an den Begriff „Googol“ (Zahl mit hundert Nullen) und postuliert damit die eigene Unermesslichkeit. Neuerdings gibt es eine ganze Reihe Markennamen ohne realen Bezug, vielleicht auch um Rechtshändel zu umgehen. Und dennoch wollen Hersteller mit dem Klang solcher Namen etwas erreichen: So steht das Speiseeis „Häagan Dazs“ für skandinavisches Flair, auch als einprägsamer Kontrast, denn Eis lebt sonst ja oft vom italienischen Image.

Bei all diesen Geschichten um Marken hat Michael Streich die Mädchen und Buben über Fragen mit einbezogen. Und für gute Antworten gab es dann auch immer wieder eine Belohnung – natürlich mit einem Markenprodukt.

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Spielzeug selbst drucken – heute kein Problem mehr

Am Freitag, 10. Februar, hat Eberhard mit einem Doktoranden die Vorlesung im Weingartener Hörsaal der Kinder-Uni gehalten. Eberhard ist an der Hochschule Ravensburg Weingarten (RWU) Studiendekan für Physical Engineering und hat die Stiftungsprofessor für 3D Kameratechnologie und Machine Vision inne.

Jörg Eberhard stellt 3D-Drucker vor, die längst in den Alltag Einzug gehalten haben

Träume werden Wirklichkeit
Spielzeug selber machen, wie man es sich erträumt: Mit diesem Gedanken hat Eberhard die Kinder und deren Phantasie sofort in seinen Bann gezogen. Denn manchmal fehlt beim Bau eines Lego-Hauses einfach ein ganz bestimmtes Teil, das man unbedingt braucht, das es aber nicht gibt. Oder manchmal haben Kinder Ideen für Spielzeug, die überhaupt nichts mit der verfügbaren Massenware zu tun hat. Bisher waren solche Träume fast eher etwas für Zauberei, jedoch nicht umsetzbar, dank des 3D-Druckes nun aber schon. Dass dies tatsächlich möglich ist, haben die ersten Kinder, die zur Vorlesung gekommen sind, gleich erfahren können, denn sie durften sich aus einer Box Spielfiguren aussuchen, die im 3-D-Druck entstanden sind.

Vom Modell zum Gegenstand
In seiner Vorlesung hat Professor Eberhard die Schritte im dreidimensionalen Druckverfahren für alle rasch nachvollziehbar vorgestellt: Zunächst erstellt man mit einer Software ein dreidimensionales Modell als digitale Vorlage, sei es durch eigene Konstruktion oder durch Einscannen. Dabei werden Längen, Breiten und Höhen eines Gegenstandes in ein dreidimensionales Koordinatensystem eingepasst.

Und diese Daten gehen an den eigentlichen 3D-Drucker. Grundlage ist ein Drucktisch, auf dem der Gegenstand entsteht. Darüber fährt eine Art gesteuerte Spitzpistole in alle möglichen Richtungen. Sie tut dies anhand der Daten aus der Software und baut den gewünschten Gegenstand von unten nach oben Schicht für Schicht auf. In den meisten Fällen bestehen die „gedruckten“ Gegenstände aus Kunststoff. Aber wie gelingt ein solcher Bau? Ganz allgemein: Der Kunststoff wird in geschmolzenem Zustand aufgetragen. Und das geht so: Zunächst besorgt man sich eine Spule, auf die der Kunststoff Filament wie Garn aufgerollt ist, und diese „Fäden“ schließt man an die Spitzpistole an. Diese zieht immer etwas Filament von der Spule in sich hinein, bringt es zum Schmelzen und trägt diesen Brei dann auf.

So entstehen die Gegenstände Schicht für Schicht, und werden Millimeter für Millimeter zum bisherigen hinzugefügt. Daher spricht man auch von einem additiven Verfahren. Das Wort Addition kennt man ja aus der Mathematik vom Addieren, also vom Zusammenzählen. Einfache Gegenstände wie Spielfiguren sind sehr rasch fertig, größere und komplexere brauchen natürlich sehr viel länger.

Man kann mit unterschiedlichen Materialien arbeiten
Filament gibt es in den unterschiedlichsten Farben. Auch das garantiert die Vielfalt. Wichtig ist Professor Eberhard noch der Hinweis, dass 3-Druck auch mit nachhaltigen Materialien möglich ist, darunter Filamente aus dem biologisch abbaubaren Kunststoff PLA, der zudem aus natürlichen Ressourcen gewonnen werden kann. Möglich sind auch Objekte aus Holz, Metall und beispielsweise Mörtel. Und nicht nur für Kinder interessant: Schokolade.

Schon Wirklichkeit: Vielfältige Anwendungen
Für private Nutzer gibt es 3-Drucker inzwischen sogar zu einem erschwinglichen Preis. Daher machte das Thema auch für Kinder Sinn. Die Möglichkeiten, die dieses Verfahren bietet, sind inzwischen sehr weitgehend. So ist in Österreich letztes Jahr ein einstöckiges Haus im 3D-Druckverfahren errichtet worden, nun aber mit Trockenmörtel, den die Düse Schicht für Schicht aufträgt. Die Industrie nutzt das Verfahren in erster Linie für den Bau von Protoptypen, also nicht für den Serienbau, sondern für sehr individuelle und auch komplizierte Gegenstände. Ein Anwendungsbereich mit Zukunftschancen hat sich den Kindern auch sofort erschlossen: Schuhe. Daran arbeitet nämlich der Assistent von Professor Eberhard in seiner Doktorarbeit: Alle Füße sind anders, und daher drücken die Konfektionsschuhe auch so oft. Wenn es nun ein 3D-Verfahren gibt, mit dem man den Fuß dreidimensional mit all seinen Eigenarten erfasst und dann den Schuh entsprechend gestaltet, dann passt er wirklich. Damit war allen klar: 3D-Druck, das macht Sinn.

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Von wo kommt die Eisenbahn und wohin fährt sie?

Jürgen Brath geht mit Zügen auf Zeitreise, und das ist eine Geschichte der Erfindungen

Ravensburg / Weingarten – Die erste Eisenbahn stand nicht plötzlich wie von Zauberhand auf dem Gleis. Sie war vielmehr die konsequente Weiterentwicklung einer Reihe früherer Erfindungen und Ideen, und im Bereich der Antriebe hat die Zukunft erst begonnen.

Die Eisenbahn von gestern bis morgen war Thema der Vorlesung vor über 80 Mädchen und Jungen, die Professor Dr.-Ing.-Jürgen Brath bei der Kinder-Uni am Freitag, 20. Januar, gehalten hat, und zwar in der Aula der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) am Ravensburger Marienplatz. Professor Brath leitet an der Außenstelle Friedrichshafen der DHBW Ravensburg den Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen. Eisenbahnen seien seine Leidenschaft, bekannte er, und das Schöne für die Kinder war, dass sie ja alle schon Vorwissen und Neugierde mitgebracht haben und nun auch ihre Fragen beantwortet bekamen.

Vom Rad zur dampfgetriebenen Bahn auf Gleisen
Am Anfang war das Rad. Und das kam vor über 5.000 Jahren so: Schwere Lasten hat man erst auf Baumstämmen gerollt, bis nun die Idee aufkam, von Stämmen abgesägte und in der Mitte gelochte Holzscheiben mit einer Achse zu verbinden und darauf einen Wagen oder Karren zu bauen. Damit wurden Transporte in großem Stil möglich. Aber es war natürlich beschwerlich, bis bewegliche Achsen das Fahren von Kurven erleichtert haben. Schon in der Antike hat es künstliche eingebaute Fahrrillen gegeben, weil man festgestellt hat, dass ein Karren besonders in Kurven ruhiger läuft, wenn die Räder in einer Spur sind. Das erinnert ja schon irgendwie an die späteren Gleise und Schienen.

Die nächste große Innovation brachte der Bergbau im Mittelalter: Da ist die Bodenoberfläche uneben, und so kam die Idee auf, Schienen zu verlegen und die Räder der Transport-Loren auf diese anzupassen, damit diese leicht zu bewegen waren. Den entscheidenden Schritt zur Eisenbahn macht Brath in der Verbindung solcher Schienenfahrzeuge mit der Dampfmaschine aus, die einen künstlichen Antrieb möglich machte.

Eine unglaubliche Geschwindigkeit von 26 km/h
1829 wurde die erste Bahnstrecke in Großbritannien eröffnet, 30 Kilometer wurden so verbunden, und die Geschwindigkeit betrug 20 Stundenkilometer (km/h). Die erste deutsche Eisenbahn 1835 zwischen Nürnberg und Fürth war zwar nur 6 Kilometer lang, aber der Zug schon 28km/h schnell. Solche Geschwindigkeiten auf längere Zeit waren etwas Unerhörtes. Aber die Eisenbahn setzte sich rasch durch und machte die Industrialisierung und den modernen Verkehr möglich. Bereits 1847 startete der erste württembergische Zug in Ravensburg auf der heutigen Südbahn. Inzwischen gibt es in Deutschland 39.000 Kilometer Schiene, in der Europäischen Union 190.000 und weltweit 1,1 Millionen Kilometer.

Die Welt der Bahnen
Damit wäre die Geschichte eigentlich erzählt, aber eben noch nicht alles. Jürgen Brath spannte den Bogen nämlich noch viel weiter und zeigte Fotos von Straßenbahnen auf Schienen, die von Pferden gezogen wurden, erklärte die mit Kabeln gezogenen „Cable Cars“ im hügeligen San Francisco und sprach von der Wuppertaler Schwebebahn, die gebaut wurde, um Raum am Boden zu sparen. Die Kinder erfuhren aber auch von Zahnradbahnen in den Bergen, um wie die Pilatus-Bahn in der Schweiz eine Steigung von 48_% zu bewältigen. Dann ging es um den Unterschied zwischen Durchgangs- und Sackbahnhöfen, um Tunnel wie den Gotthard-Basistunnel, den weltweit längsten Eisenbahntunnel (57,1 Kilometer), sowie um Gleise mit unterschiedlichen Spurbreiten. Am Beispiel der unterschiedlichen Spurbreiten erläuterte Brath den Kindern, dass Reisen jahrzehntelang an Landesgrenzen erst mal endeten, da Staaten unterschiedliche Spurbreiten hatten und teils auch noch haben, und man deshalb umsteigen musste.

Was treibt die Züge von morgen an?
Die ersten Züge führten Kohlewagen für das Heizen mit, später kam der Diesel, und inzwischen ist auch die Südbahn elektrifiziert. Aber wohin geht die Zukunft? Jürgen Brath machte deutlich, dass das Grundprinzip des Schienenfahrzeugs flexibel für unterschiedlichste Antriebe ist. Für die Zukunft ist noch viel offen. Eine Idee hat sich im ersten Anlauf (noch) nicht durchgesetzt: Die Magnetschwebebahn. Im Idealfall schwebt diese knapp über den Gleisen. Und derzeit gibt es auch Forschungen für Züge mit Antrieben auf Basis von umweltfreundlichem Wasserstoff.

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Kinderzimmer oder Wetterküche:

Was ist Chaostheorie?

Vom Chaos im Kinderzimmer zur Chaostheorie
Thomas Bayer erklärt mit Wetterprognosen den Einfluss des Unberechenbaren

Ravensburg / Weingarten – Man kann alles richtig machen, erfuhren die wieder gut 100 Mädchen und Buben bei der Kinder-Uni am 9. Dezember, und doch stimmt dann am Schluss alles nicht, weil irgendwo ein winziger Fehler drin ist, für den man vielleicht gar nichts kann. Diese Aussage hat etwas mit der Chaostheorie zu tun, die Professor Thomas Bayer von der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU) in seiner Vorlesung im Rahmen der Kinder-Uni erklärt hat.

Wetterforschung verlangt Supercomputer
Mit seiner jungen Tochter als Assistentin für seine Vorlesung hat Professor Bayer bei der Kinder-Uni aufgezeigt, dass die Chaostheorie in engem Zusammenhang mit der wissenschaftlichen Wettervorhersage steht: Denn das Wetter ist ja auch nicht immer so, wie man gedacht hat. Aber in der Regel eben schon: So können beispielsweise Flugzeuge nur dann starten, wenn die Flugsicherung exakte Informationen darüber hat, mit welchen Wetterbedingungen zu rechnen ist. Dieses Beispiel zeigt also, dass die Meteorologie in den allermeisten Fällen schon sehr verlässlich ist.

Für eben solche Wetterprognosen brauchen Forscher sehr leistungsfähige Computer mit der zigfachen Rechenleistung einer Playstation, um all die unzähligen Daten und Informationen zu speichern, zu ordnen und zu bearbeiten. Das Arbeiten mit Datenmengen in der digitalen Welt ist das Thema von Bayers Lehrstuhl an der RWU. Zu seinem Fachgebiet zählen nämlich ERP-Systeme, Cloud Computing und Data Science.

Wie immer in der Wissenschaft: Man sammelt Daten und wertet sie aus
Letztlich geht es bei der Wettervorhersage oder auch der ebenfalls kaum vorhersehbaren Erforschung von Verkehrsstaus darum, dass man zwar nie genau weiß, wie sich etwas entwickelt. Allerdings kann man Informationen sammeln, diese über Computer durch Berechnungen auswerten und dann eben doch Trends aufzeigen, um damit umgehen zu können.

Doch trotz der Ungewissheiten lässt sich am Beispiel der Wetterprognosen sehr schön aufzeigen, dass es bei Wissenschaft in der Regel meistens um das Sammeln von Daten und deren Auswertung geht. Am Anfang steht also die Entscheidung für eines von mehreren Wettermodellen, so Thomas Bayer. Denn diese Entscheidung bestimmt, welche Informationen man berücksichtigen und wie man diese gewichten will: Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, die Stärke und die Richtung des Windes oder auch der Gehalt von Regen und Eis, um nur diese Beispiele zu nennen. Dann geht es beim Wettermodell um die Frage, wie oft regelmäßig gemessen wird und mit welche Distanz man zwischen den einzelnen Messpunkten wählt. Für das Messen spielen Wetterstationen die zentrale Rolle, aber auch Satelliten und Sensoren an Flugzeugen. Aus all diesen Informationen lässt sich dann weltweit oder für eine Region eine Wetterprognose errechnen. Man kann sagen: Je kürzer der Abstand zwischen den einzelnen Messpunkte und je häufiger gemessen, desto genauer. Aber genau dafür braucht man extrem leistungsfähige Supercomputer.

Der Schmetterlingseffekt oder der Einfluss der Chaostheorie
Das oben beschriebene Vorgehen kann aber auch ins Nichts führen, wenn irgendwo ein kleiner Messfehler auftaucht, ein Messpunkt mal nicht misst oder beim Rechnen nicht genügend Zahlen hinter dem Komma berücksichtigt werden. Das bringt die Prognose durcheinander. Entsprechend kann man sagen: Die Chaostheorie bedeutet, dass ein kleiner Fehler ein ganzes System durcheinander bringt und damit Unvorhergesehenes eintreten kann. Und wie kam es zu diesem Begriff? Überträgt ein Supercomputer die Wetter-Daten in eine graphische Darstellung, so entsteht ein Bild, in dem man einen Schmetterling erkennen kann. Dies hat dann ein Forscher, Edward Lorenz, für den einprägsamen Begriff Schmetterlingseffekt genutzt.

Und was hat das alles mit dem Kinderzimmer zu tun? Eigentlich nicht viel. Aber Thomas Bayer wusste, wenn er am Beginn der Vorlesung ein Foto mit Chaos im Kinderzimmer zeigt, dann hat er die ganze Aufmerksamkeit. Wobei: Bayer versteht ein Kinderzimmer als ein so genanntes geschlossenes System, und bei denen nimmt die Unordnung sozusagen naturgemäß zu.

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Hat Wissenschaft was mit Magie zu tun?

Dem „Raum“ in einem Raum „Raum“ gegeben

Manche Wörter wachsen über ihre Ursprungsbedeutung hinaus
Markus Pfeil verzaubert Kinder-Uni und zielt auf neue Blickrichtungen ab

Ravensburg – Eine Vorlesung darf Spaß machen, und das tut sie auch, wenn sie im wahrsten Sinn des Wortes verzaubert und die Kinder alle paar Minuten mit etwas überrascht werden, das eigentlich nicht sein kann, wie die Blumenvase, die sich irgendwie immer wieder neu mit Wasser füllt. Markus Pfeil hat als Dozent der Kinder-Uni seine beiden Talente stimmig verbunden: So hat der Professor für Elektrotechnik und Informatik an der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU) über das Wesen der Wissenschaft referiert und hat zugleich als Mitglied des Magischen Zirkels mit Zauberei ebenso überrascht wie provoziert und sich so stete Aufmerksamkeit gesichert.

Neustart mit voller Besetzung
Etwas Besonderes war die Kinder-Uni im großen Vorlesungsrund der RWU auch deshalb, weil es die erste Vorlesung ohne Teilnahme-Beschränkungen seit der Corona-Pandemie  gewesen ist. Über 100 Kinder haben teilgenommen. Damit hatte die Vorlesungsreihe im Studienjahr 2022/2023 mit wieder neun Vorlesungen zu unterschiedlichen Wissensbereichen einen starken Anfang.

Eigentlich eine Doppel-Vorlesung:
Die so unterhaltsam ablaufende Vorlesung von Markus Pfeil verband allerdings zwei anspruchsvolle Anliegen. Denn Neues aus der Wissenschaft erscheint vielen auf den ersten Blick als Zauberei. Wer – so Markus Pfeil – einen Magneten nicht versteht, muss dessen Wirkung letztlich für eine übernatürliche Kraft halten.

Und Magie werden Außenstehende zwar nie komplett verstehen, aber sicher ist: Zauberlehrlinge lernen, ihr Wissen über Naturwissenschaft und die Praxis menschlicher Wahrnehmung geschickt zu nutzen, um dem Publikum magische Wirklichkeiten vorzuspielen. Täuschung setzt ja voraus, dass man genau versteht, wie alles zusammenhängt „und an welcher Stelle man schummeln kann, ohne dass es bemerkt wird“.

Kann man Magie lernen?
Einen Zaubertrick hat Professor Pfeil seinem jungen Auditorium dann aber doch verraten. Wobei: Verstehen ist eine Sache, sich die Fingerfertigkeit für die Anwendung und die gleichzeitige Ablenkungen anzutrainieren, ist natürlich nochmal etwas ganz anderes. Letztlich hat Markus Pfeil der Magier deutlich gemacht, dass Zauberer immer ganz genau wissen müssen, worauf das Publikum achtet und worauf nicht. Das alles hat natürlich nur sehr indirekt etwas mit Wissenschaft zu tun, so Markus Pfeil. Aber von Zauberern kann man lernen, wie wichtig es ist, sich nicht auf den ersten Eindruck zu verlassen, sondern vielmehr die Dinge und die Welt von unterschiedlichen Blickrichtungen aus zu betrachten.

Wege der Wissenschaft:
Nicht auf den ersten Eindruck verlassen, das ist dann tatsächlich – so Pfeil – ein Ausgangspunkt von Wissenschaft und Forschung: Man gibt sich mit dem, was als herkömmliche Wirklichkeit gilt, nicht zufrieden, sondern man versucht, Dinge zu verstehen, hinterfragt Selbstverständlichkeiten kritisch.

So genügt es eben nicht, einfach nur zu beobachten, um Zusammenhänge von Ursache und Wirkung zu verstehen. Auch die Kinder haben das an folgendem Beispiel sehr gut verstanden: Nur weil die Sonne immer dann aufgeht, wenn jemand frühstückt, heißt das ja nicht, dass ein Frühstück die Ursache für einen Sonnenaufgang ist.

In einem weiteren Schritt kann Wissenschaft bedeuten, dass man einen Erklärungsversuch entwickelt und dann versucht man, dies durch ein Experiment zu beweisen. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Das ist der Ansatz von Versuch und Irrtum. Daher muss man wieder mit einem neuen Blickwinkel an das Thema heran und es mit einem neuen Erklärungsversuch ausprobieren. Auch das war vielleicht eine wichtige Aussage für die Kinder: Man kann erst mal gar nicht alles wissen: Einiges muss man ausprobieren, und manchmal oder oft klappt es nicht, aber dann darf man nochmal neu anfangen.

Ein magisches Geschenk
Wie viel Begeisterung Markus Pfeil für die Kinderuni mitbringt, zeigt sich auch an dem kleinen Geschenk, das er für alle Mädchen und Jungs zusammengesellt hat: Ein Papierbeutel und darin eine schriftliche Zusammenfassung der Vorlesung samt einem Pendel für ein mathematisches Experiment und eine weitere Tüte mit allem, was man für einen kleinen Zaubertrick braucht.